{"id":1998,"date":"2016-02-26T09:59:22","date_gmt":"2016-02-26T08:59:22","guid":{"rendered":"http:\/\/www3.unifr.ch\/alma-georges\/?p=1998&lang=de"},"modified":"2016-03-15T12:21:35","modified_gmt":"2016-03-15T11:21:35","slug":"die-rasanteste-erwaermung-seit-menschengedenken","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.unifr.ch\/alma-georges\/articles\/2016\/die-rasanteste-erwaermung-seit-menschengedenken?lang=de","title":{"rendered":"Die rasanteste Erw\u00e4rmung seit Menschengedenken"},"content":{"rendered":"
Benno Staub, wer ist von einem Auftauen des Permafrosts betroffen?<\/strong> Stehen diese Entwicklungen in direktem Zusammenhang mit dem Klimawandel? Was sind die direkten Langzeitauswirkungen f\u00fcr uns in der Schweiz? Ist der aufgetaute Permafrost f\u00fcr immer verloren oder kann er auch wieder gefrieren? Kontakt:<\/strong> PERMOS Office, Departement f\u00fcr Geowissenschaften, Universit\u00e4t Freiburg, Jeannette N\u00f6tzli, +41 81 417 03 75, jeannette.noetzli@slf.ch<\/a>, Benno Staub, +41 26 300 90 20, benno.staub@unifr.ch<\/a><\/p>\n Forschende des Schweizer Permafrostmessnetzes (PERMOS) beobachten markante Ver\u00e4nderungen im Gebirgspermafrost. Die Warmphase seit 2009 hinterliess deutliche Spuren in den Alpen und f\u00fchrte zu Rekordtemperaturen in der Tiefe, sagt Benno Staub, Mitarbeiter des Departements f\u00fcr Geowissenschaften. Benno Staub, wer ist von einem Auftauen des Permafrosts betroffen? Diese Frage d\u00fcrfte in verschiedenen Teilen der Welt ganz unterschiedlich beantwortet werden. Bei uns im Alpenraum tritt Permafrost, dauerhaft gefrorener Untergrund, ab ca. 2500m verbreitet auf. Erw\u00e4rmt sich der Permafrost gegen 0\u00b0C, so kann die Stabilit\u00e4t dieses Bodenmaterials abnehmen und die darunter liegenden Gebiete eventuell gef\u00e4hrden, zumindest vor\u00fcbergehend und lokal. Wo, wie und wann genau<\/p>\n","protected":false},"author":16,"featured_media":2001,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[104,113],"tags":[312,314,317,206,308,318],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/www.unifr.ch\/alma-georges\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/1998"}],"collection":[{"href":"https:\/\/www.unifr.ch\/alma-georges\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/www.unifr.ch\/alma-georges\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.unifr.ch\/alma-georges\/wp-json\/wp\/v2\/users\/16"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.unifr.ch\/alma-georges\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=1998"}],"version-history":[{"count":1,"href":"https:\/\/www.unifr.ch\/alma-georges\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/1998\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":2021,"href":"https:\/\/www.unifr.ch\/alma-georges\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/1998\/revisions\/2021"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.unifr.ch\/alma-georges\/wp-json\/wp\/v2\/media\/2001"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/www.unifr.ch\/alma-georges\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=1998"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.unifr.ch\/alma-georges\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=1998"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.unifr.ch\/alma-georges\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=1998"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}
\nDiese Frage d\u00fcrfte in verschiedenen Teilen der Welt ganz unterschiedlich beantwortet werden. Bei uns im Alpenraum tritt Permafrost, dauerhaft gefrorener Untergrund, ab ca. 2500m verbreitet auf. Erw\u00e4rmt sich der Permafrost gegen 0\u00b0C, so kann die Stabilit\u00e4t dieses Bodenmaterials abnehmen und die darunter liegenden Gebiete eventuell gef\u00e4hrden, zumindest vor\u00fcbergehend und lokal. Wo, wie und wann genau es zu erh\u00f6hter Steinschlagaktivit\u00e4t oder zu Murg\u00e4ngen kommen kann, ist jedoch kaum vorhersehbar \u2013 eine Herausforderung f\u00fcr Alpenl\u00e4nder wie die Schweiz. Die Erw\u00e4rmung des Untergrunds stellt aber auch Gebiete im hohen Norden vor Probleme: Dort kommt Permafrost oft grossfl\u00e4chig vor und dessen Auftauen gef\u00e4hrdet Infrastruktur, kann die Erosion an K\u00fcsten beschleunigen und m\u00f6glicherweise sehr viel zus\u00e4tzliches Treibhausgas in die Atmosph\u00e4re freisetzen, z.B. wenn S\u00fcmpfe in Sibirien bis in gr\u00f6ssere Tiefe auftauen. Letzteres w\u00fcrde die Klimaerw\u00e4rmung zus\u00e4tzlich beschleunigen, eine sogenannt \u201epositive R\u00fcckkoppelung\u201c mit \u00e4usserst negativen Folgen. Einem intakten Permafrost kommt daher, auch aus der Perspektive des Menschen und diverser \u00d6kosysteme, eine grosse Bedeutung zu.<\/p>\n
\n<\/strong>Ja, zumindest auf Zeitskalen von Jahrzehnten bis Jahrhunderten. Die Temperatur im Untergrund wird sich mit einer gewissen zeitlichen Verz\u00f6gerung den w\u00e4rmeren Lufttemperaturen anpassen. Allerdings reagiert der Permafrost tr\u00e4ge auf Temperaturschwankungen der Luft, v.a. wenn der Boden viel Feuchtigkeit oder Eis enth\u00e4lt. Die Erw\u00e4rmung von -3 auf -1\u00b0C kann relativ schnell erfolgen, aber das Abschmelzen von Eis ben\u00f6tigt dann sehr viel Energie und Zeit. Dies zeigt sich auch bei den Messungen, welche im Rahmen des Schweizer Permafrostmessnetzes (PERMOS) gemacht werden: Temperaturmessungen in 10-20m Tiefe, zeigen generell eine Erw\u00e4rmung seit Beginn des Monitorings vor ca. 15-25 Jahren. An k\u00fchlen Standorten ist diese Erw\u00e4rmung deutlicher als im Bereich relativ warmer Bodentemperaturen nahe an 0\u00b0C. Die Erw\u00e4rmung im Untergrund bewirkt auch eine Beschleunigung der Bewegungsaktivit\u00e4t von Blockgletschern (siehe Animation) und zwar \u00fcberraschend synchron im gesamten Alpenraum. Auch diese Beobachtung zeigt den grossen Einfluss des Klimas auf den Permafrost.<\/p>\n
\n<\/strong>Wir erleben derzeit die rasanteste Erw\u00e4rmung der Atmosph\u00e4re seit Menschengedenken, eine Trendumkehr ist nicht in Sicht. Aufgrund der Tr\u00e4gheit des Klimasystems und des Energieaustauschs zwischen Atmosph\u00e4re und Untergrund ist die Erw\u00e4rmungstendenz des alpinen Permafrosts kaum mehr zu bremsen. Im Zeitraum der n\u00e4chsten Dekaden bedeutet dies eine schrittweise Erw\u00e4rmung des Permafrosts und eine Verschiebung der Permafrostuntergrenze in h\u00f6here Lagen. Vor allem in der \u00dcbergangszeit von kalt und gefroren zu warm und ungefroren ist eine erh\u00f6hte Hanginstabilit\u00e4t und eine H\u00e4ufung von Steinschlagereignissen m\u00f6glich, die konkreten Folgen sind aber schwer prognostizierbar. Langfristig, im g\u00e4nzlich aufgetauten Zustand, k\u00f6nnte sich die Situation dann wiederum beruhigen. Doch im Vergleich zu vielen Gletschern wird der Permafrost dem warmen Klima l\u00e4nger die Stirn bieten, insbesondere wenn er viel Eis enth\u00e4lt.<\/p>\n<\/p>\n
Die Bewegungen des Gemmi-Blockgletschers im Zeitraffer.<\/em><\/h6>\n
\n<\/strong>In entsprechend k\u00fchlen Bedingungen (deutlich unter 0\u00b0C) kann sich Permafrost neu bilden oder ausdehnen. Ist zugleich Feuchtigkeit vorhanden, so kann sogar neues Untergrundeis entstehen. In der aktuellen Klimasituation ist dieses Szenario aber unrealistisch, Orte an denen derzeit neuer Permafrost entsteht sind die Ausnahme. Bei uns in den Alpen hat das Gel\u00e4nde einen grossen Einfluss auf das Mikroklima an der Bodenoberfl\u00e4che. Insbesondere der Zeitpunkt des Einschneiens und des Ausaperns steuert die Temperaturschwankungen im Untergrund in der Zeitskala von Jahren bis Jahrzehnten, denn auf 2500m \u00fc.M. bleibt der Boden im Extremfall nur zwei bis drei Monate schneefrei. Je sp\u00e4ter der Schneefall im Winter und je sp\u00e4ter das Ausapern im Sommer, desto intensiver kann der Boden im Vergleich zur Lufttemperatur gek\u00fchlt werden. In diesem Sinne war die Schneesituation im Winter 2015\/16 bisher \u201epermafrostg\u00fcnstig\u201c und kann den Erw\u00e4rmungseffekt der Hitzeperiode im Sommer 2015 auf den Permafrost teilweise kompensieren. Da aber auch die letzten Jahre sehr warm waren, \u00e4ndert dies an den derzeit \u00e4usserst warmen Bedingungen im Permafrost wenig (Link Medienmitteilung: http:\/\/www.unifr.ch\/news\/de\/15486\/).
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