Pergélisol – Alma & Georges /alma-georges Le magazine web de l'Université de Fribourg Thu, 02 Mar 2017 15:52:57 +0000 fr-FR hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.3.5 Permafrost taut weiter: Trotz spätem Schnee keine Trendwende /alma-georges/articles/2017/permafrost-taut-weiter-trotz-spaetem-schnee-keine-trendwende /alma-georges/articles/2017/permafrost-taut-weiter-trotz-spaetem-schnee-keine-trendwende#respond Mon, 06 Feb 2017 09:53:03 +0000 http://www3.unifr.ch/alma-georges/?p=3717 Die neusten Ergebnisse des Schweizer Permafrostmessnetzes PERMOS belegen: Die Erwärmung des Gebirgs-Permafrosts schreitet rasch voran und hinterlässt deutliche Spuren. Dies obwohl die Schneesituation im letzten Jahr eher günstig war für den Permafrost und die Bodenoberfläche sich im Vergleich zum Vorjahr leicht abgekühlt hat. Unser Experte erklärt, wieso trotzdem kein Grund zum Jubeln besteht.

Benno Staub, der Permafrost ist seit Jahren im Schmelzen begriffen…
Da Permafrost nicht zwingend Eis enthalten muss, spricht man eher vom «Auftauen» als vom «Schmelzen» des Permafrosts. Zudem ist Permafrost rein thermisch definiert als «dauerhaft gefrorener Boden». Stark vereinfacht gleicht der Auftauprozess des Permafrosts folgender Alltagssituation: Ein Brot wird aus dem Gefrierfach genommen und bei Raumtemperatur aufgetaut. Von aussen nach innen nimmt die Temperatur stetig zu, allfällig vorhandenes Eis wird beim Überschreiten des Schmelzpunkts zu Wasser. Dass der Gebirgs-Permafrost in der Schweiz langsam aber stetig wärmer wird und in immer grössere Tiefen auftaut, belegen diverse Messungen, welche im Rahmen des Schweizer Permafrostmessnetzes PERMOS durchgeführt werden.

Was sagen denn die jüngsten Zahlen?
Den direkten Beweis für die Erwärmung des Permafrosts liefern Temperaturmessungen in knapp 30 Bohrlöchern mit maximalen Erwärmungsraten von über +0.5°C innerhalb der letzten 5 Jahre. An warmen Standorten mit Bodentemperaturen nahe des Schmelzpunkts ist die Temperaturveränderung zwar viel geringer (wenige Hundertstelgrad pro Jahr), beispielsweise am Schilthorn (2910 m ü.M.) in den Berner Alpen. Dies liegt hauptsächlich an der so genannten «latenten Wärmeenergie» , welche für die Schmelze von Eis aufgewendet werden muss. Dennoch zeigen geophysikalische Messungen an demselben Standort seit Jahren eine Abnahme der elektrischen Widerstände im Boden – nie wurden in den letzten 16 Jahren tiefere Werte gemessen als 2015 und 2016: Dies ist ein Hinweis für ein Ansteigen des relativen Anteils flüssigen Wassers im Permafrost. D.h. die Veränderungen beschränken sich nicht auf die Bodentemperatur! Eine weitere direkt an der Oberfläche sichtbare Veränderung ist die aussergewöhnlich Bewegungsaktivität von Blockgletschern: Diese aus Gesteinsblöcken und Eis bestehenden Schuttmassen kriechen seit einigen Jahren um ein Vielfaches schneller talwärts als noch vor 20 Jahren, derzeit vielerorts mit mehreren Metern pro Jahr. Zum Vergleich: In vielen Lehrbüchern ist zu lesen, dass sich Blockgletscher bloss einige Zentimeter pro Jahr bewegen…

Wird sich die Gebirgslandschaft also grundlegend verändern?
Wie allgemein in der Umwelt geschehen die Veränderungen in Reaktion auf die Klimaerwärmung auch im Permafrost nicht von heute auf morgen und sind zusätzlich von kurzfristigen Witterungseinflüssen überlagert. Schwankungen der Lufttemperatur, Sonneneinstrahlung und der Schneefälle führen zu einer hohen Variabilität der Bodenoberflächentemperatur und machen uns Forschern die Arbeit nicht gerade leicht. Doch gehen wir zurück zum Alltagsbeispiel: Wer das gefrorene Brot unmittelbar nach der Entnahme aus dem Gefrierfach verzehren will, stellt fest: Dieser Prozess braucht Zeit. Auch wenn die Kruste schon weich ist, kann das Brot im Innern noch steinhart gefroren sein. Übertragen auf die Erwärmung des Permafrosts in unseren Bergen braucht es sogar sehr viel Zeit, denn mit zunehmender Tiefe verzögert sich der Temperaturanstieg gegenüber der Oberfläche. In zehn Metern Tiefe sind Temperaturschwankungen gegenüber der Oberfläche etwa sechs Monate verzögert, in 20 Metern beinahe ein Jahr. In grösserer Tiefe sind die Temperaturen deshalb immer durch die Witterungsverhältnisse der Vergangenheit mitbeeinflusst.

Der Boden als Langzeitgedächtnis?
Könnte man so sagen. Das gegenwärtige Klima ist nicht mit den langfristigen Bedingungen der letzten 150 Jahre vergleichbar. Die in Bohrlöchern gemessenen Temperaturen zeigen über die letzten 10-20 Jahre eine markante Erwärmung in der Tiefe. Dieser Erwärmungstrend ist stärker ausgeprägt als an der Bodenoberfläche und an den eher kalten Standorten mit Temperaturen unter -1°C besonders deutlich sichtbar. So ist zum Beispiel die Bodentemperatur am Gipfel des Stockhorns (3400 m) bei Zermatt (VS) in den letzten fünf Jahren von -2.6 auf -2.0 °C angestiegen – eine sehr schnelle Temperaturänderung in 20 Metern Tiefe. Ursache sind die seit 2009 anhaltend warmen Bedingungen an der Bodenoberfläche.

Liesse sich dieser Erwärmungstrend überhaupt stoppen oder zumindest bremsen?
Dass es möglich ist, den Erwärmungstrend im Permafrost kurzzeitig zu unterbrechen, haben die extrem kalten und schneearmen Winter 2004/05 bis 2006/07 gezeigt: Damals stagnierten die Temperaturen zwischenzeitlich, sogar in 20 Metern Tiefe. Eine nachhaltige Abkühlung bis in tiefere Bodenschichten erfordert anhaltend kalte Bedingungen an der Bodenoberfläche. Hierfür spielt der Schnee eine Schlüsselrolle – aber mehr dazu später. In Anbetracht der fortschreitenden Klimaerwärmung scheint mittel- und längerfristig eine Trendumkehr zu stagnierenden oder abkühlenden Permafrosttemperaturen illusorisch. Zu gross ist das Ungleichgewicht zwischen dem Permafrost und der Temperatur an der Bodenoberfläche – in unseren Alpen ebenso wie im hohen Norden. Es gibt keine wissenschaftlichen Hinweise auf ein Ende dieses Erwärmungstrends, denn die Klimaerwärmung schreitet voran. An vielen unserer Messstandorte in den Alpen sind sowohl die Lufttemperaturen als auch die oberflächennahen Bodentemperaturen heute im Jahresmittel positiv, dies auf über 2500 m ü.M.! Wollen wir die Erwärmung des Permafrosts in Grenzen halten, so müssten wir primär die Klimaerwärmung bekämpfen. Mit einem möglichst nachhaltigen Lebensstil können wir dazu auch als Individuen einen wichtigen Beitrag leisten.

Welche Bedingungen sind günstig für den Permafrost?
Kommen wir zurück zum Schnee: Unsere Messungen zeigen, dass die Zeitpunkte des Einschneiens im Frühwinter und des Ausaperns im Sommer entscheidend sind für die Variabilität der Temperaturen an der Bodenoberfläche von Jahr zu Jahr. Mit seinem hohen Gehalt an Luft ist Neuschnee ein guter thermischer Isolator. Fällt er früh, z.B. schon im September oder Oktober, verbleibt die während des Sommers gespeicherte Wärme im Boden. Fällt der Schnee spät, so kann der Boden diese Wärme an die Luft abgeben. Besonders effektiv ist dies bei wolkenlosem Himmel in der Nacht durch maximale langwellige Abstrahlung. Auch im Frühjahr und im Sommer beeinflusst Schnee die Bodentemperatur, diesmal jedoch umgekehrt: Je später der Boden ausapert, desto länger bleibt er vor der sommerlichen Erwärmung geschützt. Dieser Mechanismus gilt für einen Grossteil der von Permafrost beeinflussten Landschaft in der Schweiz. Eine wichtige Ausnahme sind sehr steile oder windexponierte Standorte, an denen nie oder kaum Schnee haften bleibt. Dort entwickelt sich die Temperatur an der Felsoberfläche ähnlich wie jene der Luft. Solche steilen Felswände sind derzeit äusserst warm.

Wie schätzen Sie den Winter 2016/17 ein in Bezug auf den Permafrost?
Während wir im Flachland bei relativ kalten Temperaturen oft im Nebel sassen, war der letzte Dezember in den Bergen ausserordentlich sonnig, warm, trocken und auch nachts meist wolkenlos. In der Höhenlage des Permafrosts auf über 2500 m ü.M. ist die Schneearmut in vielen Regionen noch immer markant. Nahezu ideale Bedingungen also für die winterliche Auskühlung der oberflächennahen Bodenschichten. Ich vermute deshalb, dass ein Grossteil der über 250 aktiven Temperaturlogger derzeit eher tiefe Oberflächentemperaturen registrieren. Quantifizieren lässt sich dies jedoch erst im nächsten Sommer, wenn der Schnee geschmolzen ist und die Daten ausgelesen wurden.


Entwicklung der Lufttemperatur im Hochgebirge seit 1900 im Vergleich mit ausgewählten Bohrlochtemperaturen und photogrammetrisch rekonstruierten Blockgletscherbewegungen

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  • Fotos: Luc Braillard, Reynald Delaloye, Jeannette Noetzli, Benno Staub
  • von Dr. Benno Staub
  • (PERMOS)
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Revue de presse – février 2016 /alma-georges/articles/2016/revue-de-presse-fevrier-2016 /alma-georges/articles/2016/revue-de-presse-fevrier-2016#respond Wed, 09 Mar 2016 10:02:30 +0000 http://www3.unifr.ch/alma-georges/?p=2046 L’Université de Fribourg dans la presse du 1er au 29 février 2016

«In der heutigen Arbeitswelt ist lebenslanges Lernen Pflicht.»
– Manfred Kuonen
, Studienleiter der postgradualen Weiterbildung in Laufbahn- und Personalpsychologie der Universitäten Bern und Freiburg, , 25.2.2016

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fête ses 20 ans, , 25.02.2016

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«Il y a beaucoup moins de jeunes enfants en bonne santé adoptables.»
– Isabelle Lammerant, chargée de cours en droit de la famille, , 23.02.2016

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«Die Geschwindigkeiten haben im Vergleich zum Vorjahr aber etwa um 20 Prozent zugenommen.»
– Benno Staub
, Geowissenschaftler, zum Auftauen des Permafrosts, , 23.2.2016

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– via

– Sebastian Dieguez, chercheur en neurosciences cognitives et neuropsychologue au Laboratoire des sciences cognitives et neurologiques de l’Université de Fribourg, RTS La Première, , 22.02.2016

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«Längst nicht alle Nutzer der Notschlafstelle sind Obdachlose im klassischen Sinn.»
– Carolyne Crimard, Doktorassistentin Soziologie, Sozialpolitik und Sozialarbeit, zur Rolle von La Tuile im Bereich der Obdachlosigkeit, , 22.2.2016

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«Natürlich ist es schön, existieren sie weiter. Sollte das aber nicht mehr der Fall sein, wäre das keine Katastrophe.»
– Reiner Eichenberger, Leiter des Lehrstuhls für Theorie der Finanz- und Wirtschaftspolitik, zu den Bilateralen I, , 21.2.2016

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«Käufer sollten ein Haus sehr sorgfältig prüfen und sich dabei von einem Bauexperten oder einem Architekten beraten lassen.»
– Hubert Stöckli
, Lehrstuhlinhaber an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, , 21.2.2016

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«Il ne faut pas non plus exagérer l’UDC. Etre premier parti, cela ne veut pas dire être parti majoritaire. Donc même si l’UDC peut s’implanter dans la terre fribourgeoise, cela ne veut pas dire non plus que la terre firbourgeoise sera une terre blochérienne.»
– Gilbert Casasus, professeur au Domaine Etudes européennes, , , 16.02.2016

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«On ne peut pas tout partager. Pour conserver le pouvoir, il faut conserver le contrôle d’un certain nombre de flux d’informations et d’actifs stratégiques. Savoir lesquels, c’est aujourd’hui le nouveau souci des entreprises.»
– Paul Dembinski, professeur associé à la Chaire Stratégies et concurrence internationales, , 15.02.2016

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«Kosenamen bestätigen eine Beziehung durch Sprache.»
– Gerda Baumgartner, Sprachwissenschaftlerin an der Universität Freiburg, , 14.2.2016

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«Les diplomaties vaticane et moscovite restent très mystérieuses… Mais il est vrai qu’à Fribourg, nous entretenons depuis longtemps une collaboration avec l’Eglise de Moscou. Depuis de nombreuses années nous encourageons le dialogue œcuménique avec les orthodoxes moscovites. Cette attitude très positive ne peut que préparer favorablement le terrain.»
– Noël Ruffieux, membre de l’Institut d’études œcuméniques, à propos de la rencontre historique entre le Pape François et le Patriarche de Moscou Cyrille, , 13.02.2016.

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«En général, nous travaillons avec les vivants. Et le recueilleur n’est pas un magnétophone qui enregistre et retranscrit, il est interlocuteur et coauteur du récit produit.»
– Catherine Schmutz Brun, lectrice au Département de l’éducation, à propos de la formation de recueilleur de récit de vie. La Liberté, 12.02.2016.

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– via

«Le terme mademoiselle est tellement condescendant qu’il faut essayer de l’effacer du vocabulaire ou alors essayer d’employer le même terme pour les hommes, qui est damoiseau et que personne n’utilise, bien sûr.»
– Pascal Gygax, directeur de l’équipe de psycholinguistique, , , 12.02.2016

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«Die Initiative ist ein Anschlag nie dagewesenen Ausmasses gegen die Demokratie. Sie zielt frontal gegen den Rechtsstaat als deren Fundament, indem sie die Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit der Justiz missachtet.»
– Marc Spescha, Lehrbeauftragter für Migrationsrecht, zur Durchsetzungsinitiative, Theoriekritik, 12.2.2016

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«Paris sollte nicht als politisches oder ökonomisches Symbol, sondern als Symbol der Lebenslust und des westlichen Hedonismus angegriffen werden.»
– Amir Sheikhzadegan, Lehrbeauftragter für Soziologie, zu den November-Anschlägen in Paris, Links / SP AG, 11.2.2016

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«L’intégration est un mouvement réciproque de la société d’accueil, qui accueille un immigrant et est censé faire que cette intégration économique, culturelle, se passe bien, et le mouvement de la personne qui est accueillie, qui va découvrir un nouveau pays, ses lois… Il faut une réciprocité.»
– Sabine Choquet, collaboratrice au Domaine sciences des sociétés, des cultures et des religions, France TV, , 11.02.2016

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«Ihr einziges Ziel ist der Gewinn. Sie kaufen beispielsweise Weizen, und sobald sie ihn besitzen, verkaufen sie ihn wieder zu einem teureren Preis.»
– Sergio Rossi,
Professor für Volkswirtschaft und Geldtheorie, zur Spekulation mit Lebensmitteln, , 11.2.2016

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«Die Zuwanderung sollte mit Preisen statt mit Bürokratie gesteuert werden.»
– Reiner Eichenberger
, Leiter des Lehrstuhls für Theorie der Finanz- und Wirtschaftspolitik, 11.2.2016

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«On peut tout à fait être pour la justice fiscale et contre le mariage homosexuel. Mais le problème, c’est justement qu’on nous fasse voter sur les deux choses en même temps, alors qu’elles ne présentent pas de lien intrinsèque. Si on avait proposé un texte similaire dans un canton, un recours aurait pu être déposé au Tribunal fédéral, avec des chances de succès, vu sa pratique en la matière.»
– Jacques Dubey, professeur de droit constitutionnel, Lausanne, 09.02.2016

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«Le stress est le pire ennemi du couple.»
– Dominique Shoebi, professeur à l’Institut de recherche et conseil dans le domaine de la famille, l’, 09.02.2016

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«Vouloir être actif dans le cercle familial n’est pas encore quelque chose de valorisé socialement.»
– Tanya Ogay, professeure au Domaine des sciences de l’éducation, , 09.02.2016

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«Quand on essaie de proposer des choses pour soutenir les consommateurs, il y a toujours, dans le jeu politique, des oppositions.»
Pascal Pichonnaz, doyen de la Faculté de droit, RTS1, , 09.02.2016

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«Zeigt sich, dass der Handwerker unnötigen, vermeidbaren Aufwand betrieben hat, hat der Kunde auch dafür keine Vergütung zu leisten.»
Hubert Stöckli, Lehrstuhlinhaber an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, , 6.02.2016

 

 

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Die rasanteste Erwärmung seit Menschengedenken /alma-georges/articles/2016/die-rasanteste-erwaermung-seit-menschengedenken /alma-georges/articles/2016/die-rasanteste-erwaermung-seit-menschengedenken#respond Fri, 26 Feb 2016 08:59:22 +0000 http://www3.unifr.ch/alma-georges/?p=2007 Forschende des Schweizer Permafrostmessnetzes (PERMOS) beobachten markante Veränderungen im Gebirgspermafrost. Die Warmphase seit 2009 hinterliess deutliche Spuren in den Alpen und führte zu Rekordtemperaturen in der Tiefe, sagt Benno Staub, Mitarbeiter des Departements für Geowissenschaften.

Benno Staub, wer ist von einem Auftauen des Permafrosts betroffen?
Diese Frage dürfte in verschiedenen Teilen der Welt ganz unterschiedlich beantwortet werden. Bei uns im Alpenraum tritt Permafrost, dauerhaft gefrorener Untergrund, ab ca. 2500m verbreitet auf. Erwärmt sich der Permafrost gegen 0°C, so kann die Stabilität dieses Bodenmaterials abnehmen und die darunter liegenden Gebiete eventuell gefährden, zumindest vorübergehend und lokal. Wo, wie und wann genau es zu erhöhter Steinschlagaktivität oder zu Murgängen kommen kann, ist jedoch kaum vorhersehbar – eine Herausforderung für Alpenländer wie die Schweiz. Die Erwärmung des Untergrunds stellt aber auch Gebiete im hohen Norden vor Probleme: Dort kommt Permafrost oft grossflächig vor und dessen Auftauen gefährdet Infrastruktur, kann die Erosion an Küsten beschleunigen und möglicherweise sehr viel zusätzliches Treibhausgas in die Atmosphäre freisetzen, z.B. wenn Sümpfe in Sibirien bis in grössere Tiefe auftauen. Letzteres würde die Klimaerwärmung zusätzlich beschleunigen, eine sogenannt „positive Rückkoppelung“ mit äusserst negativen Folgen. Einem intakten Permafrost kommt daher, auch aus der Perspektive des Menschen und diverser Ökosysteme, eine grosse Bedeutung zu.

Stehen diese Entwicklungen in direktem Zusammenhang mit dem Klimawandel?
Ja, zumindest auf Zeitskalen von Jahrzehnten bis Jahrhunderten. Die Temperatur im Untergrund wird sich mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung den wärmeren Lufttemperaturen anpassen. Allerdings reagiert der Permafrost träge auf Temperaturschwankungen der Luft, v.a. wenn der Boden viel Feuchtigkeit oder Eis enthält. Die Erwärmung von -3 auf -1°C kann relativ schnell erfolgen, aber das Abschmelzen von Eis benötigt dann sehr viel Energie und Zeit. Dies zeigt sich auch bei den Messungen, welche im Rahmen des Schweizer Permafrostmessnetzes (PERMOS) gemacht werden: Temperaturmessungen in 10-20m Tiefe, zeigen generell eine Erwärmung seit Beginn des Monitorings vor ca. 15-25 Jahren. An kühlen Standorten ist diese Erwärmung deutlicher als im Bereich relativ warmer Bodentemperaturen nahe an 0°C. Die Erwärmung im Untergrund bewirkt auch eine Beschleunigung der Bewegungsaktivität von Blockgletschern (siehe Animation) und zwar überraschend synchron im gesamten Alpenraum. Auch diese Beobachtung zeigt den grossen Einfluss des Klimas auf den Permafrost.

Was sind die direkten Langzeitauswirkungen für uns in der Schweiz?
Wir erleben derzeit die rasanteste Erwärmung der Atmosphäre seit Menschengedenken, eine Trendumkehr ist nicht in Sicht. Aufgrund der Trägheit des Klimasystems und des Energieaustauschs zwischen Atmosphäre und Untergrund ist die Erwärmungstendenz des alpinen Permafrosts kaum mehr zu bremsen. Im Zeitraum der nächsten Dekaden bedeutet dies eine schrittweise Erwärmung des Permafrosts und eine Verschiebung der Permafrostuntergrenze in höhere Lagen. Vor allem in der Übergangszeit von kalt und gefroren zu warm und ungefroren ist eine erhöhte Hanginstabilität und eine Häufung von Steinschlagereignissen möglich, die konkreten Folgen sind aber schwer prognostizierbar. Langfristig, im gänzlich aufgetauten Zustand, könnte sich die Situation dann wiederum beruhigen. Doch im Vergleich zu vielen Gletschern wird der Permafrost dem warmen Klima länger die Stirn bieten, insbesondere wenn er viel Eis enthält.

Die Bewegungen des Gemmi-Blockgletschers im Zeitraffer.

Ist der aufgetaute Permafrost für immer verloren oder kann er auch wieder gefrieren?
In entsprechend kühlen Bedingungen (deutlich unter 0°C) kann sich Permafrost neu bilden oder ausdehnen. Ist zugleich Feuchtigkeit vorhanden, so kann sogar neues Untergrundeis entstehen. In der aktuellen Klimasituation ist dieses Szenario aber unrealistisch, Orte an denen derzeit neuer Permafrost entsteht sind die Ausnahme. Bei uns in den Alpen hat das Gelände einen grossen Einfluss auf das Mikroklima an der Bodenoberfläche. Insbesondere der Zeitpunkt des Einschneiens und des Ausaperns steuert die Temperaturschwankungen im Untergrund in der Zeitskala von Jahren bis Jahrzehnten, denn auf 2500m ü.M. bleibt der Boden im Extremfall nur zwei bis drei Monate schneefrei. Je später der Schneefall im Winter und je später das Ausapern im Sommer, desto intensiver kann der Boden im Vergleich zur Lufttemperatur gekühlt werden. In diesem Sinne war die Schneesituation im Winter 2015/16 bisher „permafrostgünstig“ und kann den Erwärmungseffekt der Hitzeperiode im Sommer 2015 auf den Permafrost teilweise kompensieren. Da aber auch die letzten Jahre sehr warm waren, ändert dies an den derzeit äusserst warmen Bedingungen im Permafrost wenig (Link Medienmitteilung: http://www.unifr.ch/news/de/15486/).

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Kontakt: PERMOS Office, Departement für Geowissenschaften, Universität Freiburg, Jeannette Nötzli, +41 81 417 03 75, jeannette.noetzli@slf.ch, Benno Staub, +41 26 300 90 20, benno.staub@unifr.ch

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