Dormir – Alma & Georges /alma-georges Le magazine web de l'Université de Fribourg Fri, 26 Mar 2021 09:07:10 +0000 fr-FR hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.3.5 Warum Eltern Yoga machen sollten, damit ihre Kinder besser schlafen /alma-georges/articles/2021/warum-eltern-yoga-machen-sollten-damit-ihre-kinder-besser-schlafen /alma-georges/articles/2021/warum-eltern-yoga-machen-sollten-damit-ihre-kinder-besser-schlafen#respond Fri, 26 Mar 2021 08:36:51 +0000 /alma-georges?p=13454 Die Pandemie sorgte letztes Jahr für Stress bei den Eltern – was wiederum zu schlechterem Schlaf bei den Kindern führte. Das geht aus den ersten Ergebnissen der immer noch laufenden Onlinestudie des Baby-Schlaflabors hervor. Doch es gibt auch Schutzfaktoren, die helfen, den Schlaf der Kinder zu verbessern.

Wie beeinflussen die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen den Schlaf von Kindern? Dieser Frage geht das Baby-Schlaflabor am Departement für Psychologie der Universität Freiburg seit fast einem Jahr nach. Mittlerweile hat es die ersten Ergebnisse der Onlinestudie veröffentlicht. Was ihr Team herausgefunden hat und was es in einem nächsten Schritt noch herausfinden will, erklären Professorin Salome Kurth und Postdoktorandin Andjela Markovic im Interview.


Welches ist die wichtigste Erkenntnis der Studie?
Salome Kurth:
 Für mich ist die Haupterkenntnis, dass sich durch die Einschränkungen im Lockdown negative Sekundärkonsequenzen ergeben. Das hat sich bei verschiedenen Aspekten des Kinderschlafs gezeigt. Die zweite wichtige Erkenntnis ist, dass die Eltern die Möglichkeit haben, Gegensteuer zu geben und durch Schutzfaktoren den Schlaf der Kinder wieder verbessern können.

 

Wie hat sich das Schlafverhalten konkret verändert?
Andjela Markovic:
 Einerseits gingen die Kinder später ins Bett. In der ersten Phase waren das im Schnitt 20 Minuten pro Tag, bei gewissen Kindern sogar bis zu drei Stunden. Andererseits brauchten sie auch länger, um einzuschlafen, im Schnitt zehn Minuten. Unter dem Strich haben die Kinder während der Nacht weniger lang geschlafen, am Anfang waren es sechs Minuten, mit der Zeit hat sich der Wert sogar noch verschlechtert. Allerdings gab es auch Kinder, bei denen sich die Schlafrate in der Pandemie verbesserte. Das hängt damit zusammen, dass die persönliche Situation im Lockdown von Familie zu Familie sehr unterschiedlich war. Das haben wir bei der Analyse versucht zu berücksichtigen ­– denn dadurch ergeben sich ebenfalls interessante Erkenntnisse.

Welche Kinder waren am stärksten betroffen?
Markovic: Der Hauptfaktor war das Stresslevel der Eltern. Kinder von stark gestressten Eltern wiesen eindeutig mehr Probleme mit dem Schlaf auf.

Kurth: In Israel fanden Forscher_innen zeitgleich in einer Studie heraus: Je grösser die individuelle Angst der Mütter war, desto grösser war der negative Effekt der Pandemie auf die Babys. Das deckt sich mit unseren Ergebnissen. Mit Angst und Stress verwendeten wir zwar zwei unterschiedliche Masse. Aber beide Studien zeigen, dass es eine Rolle spielt, wie die Eltern mit der Situation umgehen, dass eine Wechselwirkung besteht.

Welche weiteren Faktoren hatten einen negativen Einfluss auf den Schlaf der Kinder?
Markovic: Der Quarantäne-Status. Kinder von Eltern, die in Quarantäne waren, haben grundsätzlich schlechter geschlafen.

Wie erklären Sie sich das?
Kurth: Eine Quarantäne ist eine grosse Belastung, eine riesige Herausforderung. Daran erkennt man, wie wichtig soziale Kontakte für die Stressbalance sind. Fehlen die, wird man dünnhäutiger und kann das Stresslevel weniger gut regulieren.

Sie haben von Schutzfaktoren gesprochen, mit denen die möglichen Probleme in der Schlafqualität abgefedert werden können. Welche Schutzfaktoren haben sich in Ihrer Studie als die wichtigsten herausgestellt?
Markovic: Achtsamkeitstechniken wie zum Beispiel Yoga gehören zu den stärksten Faktoren. Das ergibt Sinn, helfen sie doch beim Stressabbau. Überraschender war für mich, dass Kinder von Eltern, die im Homeoffice waren, besser schliefen. Trotz Kindern zu Hause zu arbeiten klingt ja grundsätzlich nach Stress. Es hat sich jedoch gezeigt, dass die Zeit, die eine Familie gemeinsam zu Hause verbringt, auch die Chance bietet, Beziehungen zu vertiefen. Sowohl die passive Zeit, die Eltern zu Hause verbringen, als auch die aktive Familienzeit haben den Schlaf der Kinder unterstützt. Als Schutzfaktoren haben sich ausserdem Geschwister und Haustiere herausgestellt. Auch das ergibt Sinn, da sie die fehlenden Kontakte ausserhalb des Hauses kompensieren.


Aus Ihrer Studie geht auch hervor, dass sich die Schlafqualität – mit einigen Ausnahmen ­– im Verlauf der Pandemie fast wieder normalisiert hat. Haben Eltern mit der Zeit von selbst Strategien entwickelt, um besser mit der Situation umgehen zu können?
Markovic: Das ist gut möglich. Das Stresslevel war durch die Überforderung am Anfang sehr hoch. Eine derart radikale Umstrukturierung des Alltags kann den biologischen Rhythmus und den Schlaf durcheinanderbringen. Es kann sein, dass mit der Zeit neue Strukturen und Rhythmen entstanden sind. Trotzdem blieb die Erkenntnis in allen Phasen dieselbe: Die Kinder der gestressten Eltern schliefen besonders schlecht.

Kurth: Die Angewöhnung an einen neuen Rhythmus braucht Zeit und fand in diesen drei Monaten wahrscheinlich statt. Aber nicht alles hat sich normalisiert. Die Verkürzung der nächtlichen Schlafdauer der Babys zum Beispiel kann und darf man nicht einfach wegwischen. Babys schliefen am Ende unserer Messung im Vergleich zum Anfang pro Nacht 29 Minuten weniger – das ist viel. Denn in diesem Alter findet ansonsten eine Zunahme des Nachtschlafes statt. Das müssen wir also im Auge behalten.

Was könnte das denn für Langzeitfolgen haben?
Kurth: Das wissen wir eben nicht. Aber wir wissen, dass das Gehirn bis ins Jugendalter grosse Veränderungen durchmacht, der Schlaf spielt in der Entwicklung eine wichtige Rolle. Von Tierversuchen wissen wir, dass Schlafentzug ein Risiko darstellen kann. Allerdings sind das extreme Bedingungen, die man allein schon aus ethischen Gründen bei Menschen natürlich nicht reproduzieren kann. Aber es ist nicht auszuschliessen, dass bei denjenigen, die am intensivsten gelitten haben, Auffälligkeiten im Verhalten zu beobachten sind. Andererseits sind Kinder sehr dynamisch. Wenn sie weniger Nachtschlaf erhalten, schlafen sie vielleicht einfach mehr am Tag. Das wiederum kompensiert eventuell den fehlenden Nachtschlaf. Damit wir das alles besser beurteilen können, braucht es Langzeituntersuchungen. Und da sind wir derzeit auch dran, uns das genauer anzuschauen.


Die Schlafqualität der Kinder hat im Lockdown mehr gelitten als diejenige der Erwachsenen. Warum?
Markovic: Die Kinder befinden sich in einer empfindlichen Phase, durchleben sehr dynamische und schnelle Entwicklungsschritte. Das macht sie empfänglich für Einflüsse aus ihrer Umgebung – und natürlich auch verwundbar. Nebst den bereits genannten Schutzfaktoren sind deshalb auch ganz allgemein die Regeln zur Schlafhygiene wichtig. Die gelten in jeder Situation und helfen dabei, die Strukturen an neue Umstände anzupassen.

Wie lauten diese Regeln?
Markovic: Regelmässige Bettzeiten, Einschlafroutinen, ruhige Aktivitäten vor dem Einschlafen. Möglichst viel Zeit draussen am Tageslicht verbringen, körperliche Aktivität – es gibt schon den einen oder anderen Tipp, um den Schlaf zu verbessern.

Kurth: Die Schlafhygiene ernst zu nehmen hilft sehr. Dazu gehört auch, sich mit dem Thema Bildschirm auseinanderzusetzen. Das haben wir in unserer Studie nicht konkret gemessen, aber es ist gut möglich, dass die Bildschirmexposition im Lockdown zugenommen hat. Bildschirmlicht kann den Schlaf hemmen – und es ist bekannt, dass Kinder sensitiver auf dieses Licht reagieren als Erwachsene.

Wie geht es weiter mit der Studie?
Kurth: Die Pandemie ist leider noch nicht vorbei. Wir sind deshalb weiter am Rekrutieren, suchen weiterhin Eltern, die unseren Online-Fragebogen ausfüllen. Wichtige Fragen sind nun: Gibt es Langzeitauswirkungen? Gibt es Muster in Familien, die sich auch langfristig als schützend herausgestellt haben? Oder solche, die mit Risiken verbunden sind? Wir möchten aber auch noch ganz andere Sachen untersuchen. Andjela interessiert sich zum Beispiel für den Einfluss von Musik. Die Studie war letztes Jahr spontan entstanden, seither kamen neue Ideen hinzu, was effektiv schützend sein könnte. Grundsätzlich geht es darum, herauszufinden und der Öffentlichkeit zu kommunizieren, was Eltern tun können, um positiv Einfluss zu nehmen. Damit wir und damit auch die Eltern den Schlaf von Kindern besser zu verstehen lernen.

Markovic: Die veröffentlichten Resultate beziehen sich auf die Umfrageergebnisse der ersten drei Monate. Im Herbst hatten wir eine Folgeumfrage durchgeführt. Da ging es unter anderem bereits um mögliche langfristige Konsequenzen und Fragen zur kognitiven Entwicklung. Da sind wir nun gerade dran, diese auszuwerten.

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  • ٱԳǴڱǰ hat sich nach ihrem Masterstudium in Biologie unter anderem intensiv mit der Neurophysiologie und Neurobiologie des Schlafs beschäftigt. Heute arbeitet und forscht sie am Universitätsspital Zürich sowie am Departement für Psychologie der Universität Freiburg, wo sie das 2019 lancierte Baby-Schlaflabor leitet. Salome Kurth ist Teil des Förderprogramms Eccellenza, mit dem der Schweizerische Nationalfonds herausragende junge Forschende unterstützt, die eine permanente Professur anstreben.
  • Andjela Markovic hat ein Bachelorstudium in Informatik und ein Masterstudium in Biomedical Engineering an der ETH Zürich sowie ein Klavierstudium an der Schweizer Akademie für Musik und Musikpädagogik absolviert. Im Rahmen ihres Doktorats in Neurowissenschaften an der Universität Bern hat sie den Zusammenhang zwischen Schlaf, Hirnentwicklung und der psychischen Gesundheit untersucht. Als Postdoktorandin im Baby-Schlaflabor geht sie nun der Frage nach, welche Umgebungsfaktoren die Hirnentwicklung im frühen Leben beeinflussen und welche Rolle der Schlaf dabei spielt.
  • : Die aktuellen Ergebnisse basieren auf einer Onlinestudie, die in den Monaten April, Mai und Juni 2020 durchgeführt wurde. Dabei wurde der Effekt des Lockdowns auf die Schlafqualität von 452 Babys (0 bis 35 Monate) und 412 Vorschulkindern (36 bis 71 Monate) aus verschiedenen Ländern (die meisten davon in Europa) untersucht. Die Studie wird weitergeführt und geht in die nächste Runde.
  • Quelle: Severe effects of the COVID‐19 confinement on young children’s sleep: A longitudinal study identifying risk and protective factors, Markovic et al, 2021, Journal of Sleep Research
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Experiment Lockdown: Auch in Sachen Schlaf /alma-georges/articles/2020/experiment-lockdown-auch-in-sachen-schlaf /alma-georges/articles/2020/experiment-lockdown-auch-in-sachen-schlaf#respond Wed, 22 Apr 2020 07:00:05 +0000 https://www3.unifr.ch/alma-georges?p=10841 Wie beeinflusst die COVID-19-Pandemie den Schlaf von Kindern? Dieser Frage geht das Baby-Schlaflabor am Departement für Psychologie in einer neu lancierten Onlinestudie nach. Im Interview erklärt Professorin Salome Kurth, warum der Lockdown spannende Einblicke ermöglicht – und wie sich der veränderte Alltag auf das Schlafverhalten der Kinder auswirken könnte.

Durch den Lockdown verbringen Eltern und Kinder momentan sehr viel Zeit zu Hause. Was macht diese Konstellation so interessant für Sie?
Der Lockdown ist eine Art riesiges Experiment, in dem wir alle stecken. Ohne dass wir eine Wahl haben, sind wir jetzt mehr oder weniger eingesperrt. Während einige weiterhin einen strukturierten Alltag haben, sind andere völlig sich selbst überlassen. Viele Herausforderungen drehen sich um das Thema Rhythmus – und Rhythmus ist etwas, das uns in der Kinder-Schlafforschung auch sehr interessiert. Wie entsteht Rhythmus? Welche Faktoren sind förderlich, welche hinderlich? Momentan erleben wir alle, wie sich verschiedene Einflüsse in unserem Leben verändern, das macht es für die Forschung so spannend.

Eine vielleicht einmalige Chance, um leichter zu wichtigen Erkenntnissen zu gelangen?
Ja, ich denke, dass wir zu wichtigen Erkenntnissen kommen können, die über unsere regulären Forschungsmethoden hinausgehen. Bei unseren Studien ist der Faktor der Familienkonstruktion wichtig. Viele Eltern sind jetzt öfter zu Hause als sonst, haben wahrscheinlich auch näheren Kontakt zu den Kindern. Das ist eine grosse Dimension, die anders ist als üblich. Was verändert sich dadurch? Und wie wirkt sich das auf den Schlaf und auf den Rhythmus des Kindes aus? Ist es förderlich, oder bekommt das Kind stattdessen Mühe? Wir wissen es noch nicht. Gut möglich, dass dabei auch kulturelle Unterschiede im Umgang mit der neuen Situation offengelegt werden.

Inwiefern?
Die Studie ist international angelegt. Durch die unterschiedlichen Weisungen der Regierungen fallen vielleicht auch die Resultate anders aus. Sind die Einschränkungen beispielsweise strenger, bedeutet das vielleicht generell mehr Stress für die Eltern, während bei lockereren Regulationen die Stimmung entspannter sein könnte.

Schlafen Kinder Ihrer Meinung nach momentan besser oder schlechter als vor dem Lockdown?
Aus meinem privaten Umfeld habe ich von mehreren Seiten gehört, dass mehr Familienzeit bleibt, die Kinder also mehr von ihren Eltern haben – und dadurch besser schlafen. Viel hängt jedoch vom Alter der Kinder ab. Wir haben für unsere Studie Kinder im Alter von 0 bis 6 Jahren gewählt, und innerhalb dieses Altersbereiches wird es wahrscheinlich Unterschiede geben. Zudem kommt es ebenfalls darauf an, wie stark sich die Situation individuell verändert hat. Ob die Eltern schon vorher für die Kinder stark verfügbar waren, welche Rituale die Eltern beibehalten oder neu einführen, wie regelmässig etwa Mahlzeiten eingenommen werden – also letztlich auch wie der Rhythmus in den Familien umgesetzt wird.

Würden Sie Eltern also raten, momentan möglichst den normalen Rhythmus beizubehalten?
Ich rate ihnen, eine Balance zu finden und für die Familie einen realisierbaren Tagesablauf zu definieren – auch unter Einbezug des Faktors Tageslicht, der unter diesen erschwerten Bedingungen auch eine Rolle spielt.

Ist es ein Problem, wenn Kinder derzeit zwei Stunden später ins Bett gehen als üblich?
Nicht unbedingt. Wenn man die Schlafzeiten innerhalb dieser Lockdown-Zeit wiederum konsistent halten kann, ist das ebenfalls okay. Immer vorausgesetzt, die Eltern betrachten das nicht selbst als Problem.

Was versteht man aus wissenschaftlicher Sicht überhaupt unter gutem und gesundem Schlaf?
Es kommt sehr auf die Altersgruppe an; der Schlaf verändert sich insbesondere in den ersten Lebensjahren enorm. Es gibt , wie lange der Schlaf im jeweiligen Alter ungefähr sein sollte. Dabei ist jeweils eine Bandbreite vorgegeben, innerhalb der sich ein Kind bewegen kann, denn nicht alle Menschen benötigen gleich viel Schlaf. Die Dauer alleine ist also nicht unbedingt entscheidend. Als „schlechter“ Schlaf bei Kindern gilt dieser oftmals dann, wenn er für die Eltern ein Problem darstellt. Wenn zum Beispiel der Moment, in dem sich Eltern wünschen, dass das Kind schläft und der Moment, in dem es wirklich einschläft, weit auseinander liegen. Oder dann, wenn Kinder vermehrt aufwachen und etwas verlangen. Es geht also oft auch darum, was die Eltern erwarten, wozu das Kind fähig sein sollte. Und ob das mit den Bedürfnissen des Kindes übereinstimmt – und dadurch allenfalls ein Mismatch entsteht.

In der Umfrage ist von Zeitgebern die Rede, die wir derzeit möglicherweise verlieren. Was muss man sich darunter vorstellen?
Zeitgeber sind all die Dinge, die uns helfen, einen Rhythmus zu finden: Regelmässige Nahrungsaufnahme, Bettrituale, geregelte Arbeitszeiten oder auch regelmässige Telefonate mit Angehörigen. Es sind zeitliche Ankerpunkte, die dem Körper die physiologischen Abläufe erleichtern. Im Lockdown sind diese oftmals weniger vordefiniert als sonst, es braucht mehr Selbstverantwortung.

Bei Mäusen haben Forschende herausgefunden, dass die Entwicklung des Gehirns gehemmt wird, wenn ihnen in jungen Jahren der Schlaf entzogen wird. Ist das möglicherweise bei Menschen ähnlich?
Wenn bei Mäusen oder auch Fruchtfliegen ein extremer Schlafentzug über längere Zeit stattfindet, hat das tatsächlich langfristige Konsequenzen. Die Tiere zeigen Entwicklungsstörungen – im Verhalten, aber auch die Hirnverbindungen weisen ein anderes Muster auf, im Vergleich zu denjenigen Tieren, die ungestört schlafen konnten. Inwiefern das für Menschen gilt, ist schwierig zu sagen, weil keine solchen Tests möglich sind, aus denen wir schliessen könnten, dass genau nur der Faktor „zu wenig Schlaf“ für solche Resultate entscheidend ist. Wir können Menschen nicht isoliert aufwachsen lassen. Wir können deshalb jeweils nicht explizit sagen: Es ist sicher der fehlende Schlaf, der zu einer gewissen Entwicklung geführt hat. Aber möglich ist es natürlich.

Warum ist Schlaf überhaupt so wichtig für Kinder?
Der Schlaf unterstützt die Entwicklungsprozesse des Gehirns. Der aktuelle Forschungsstand zeigt, dass der Schlaf, genau in den Hirnregionen, die je nach Alter besonders beansprucht werden, Erholung bietet. Dadurch wird diese Entwicklung, dieser Lernprozess, unterstützt. Der Schlaf hilft, am Tag gelernte Dinge aufzuräumen und zu verankern. Überhaupt ist es also wichtig, dass man zu seinem Schlaf Sorge trägt – und zwar in jedem Alter. Das ist nicht immer einfach, aber der Schlaf ist essenziell für unsere Gesundheit.

Der Lockdown in der Schweiz begann erst vor gut einem Monat – und schon haben Sie eine Onlinestudie lanciert. Wie kam es zu diesem spontanen Projekt?
Ich war in den Ferien, als es zum Lockdown kam und geriet somit erst ein bisschen verzögert in diese Situation. Das half vielleicht, aus einer Aussenperspektive zu sehen, was die Situation mit den Menschen anstellt, und wie gross die Veränderung ist. Wir haben uns dann im Team zusammengesetzt und ein Brainstorming gemacht. Eigentlich hätten wir in diesen Wochen mit einer Studie begonnen, bei denen wir jeweils bei vielen Familien zu Hause wären, viel interagieren und etwa auch bei Babys die elektrische Aktivität im Gehirn messen würden. Aber das geht ja momentan nicht. So kamen wir auf die Idee mit der Onlinestudie, die wir dann mit grossem Effort und einigen Nachtschichten zusammengestellt haben.

Lassen sich die Ergebnisse aus der Umfrage später mit den Messungen zu einem grossen Ganzen verbinden?
Auf jeden Fall werden die Daten der Onlinestudie einen Nutzen bringen. Diese Daten ermöglichen eine grössere Stichprobe an Teilnehmenden einzuschliessen. Unter den „normalen“ Umständen mit unseren Hausbesuchen wäre das nicht möglich. Die Sicht auf den Schlaf wird verbreitert, indem wir Familien erreichen, die für die aufwändigeren Messungen keine Kapazität hätten.

Wir bieten zudem in der Umfrage den Teilnehmenden die Möglichkeit, dass sie über weitere Folgestudien informiert werden. Wenn sie für diese Forschung ein wachsendes Interesse entwickeln, können wir sie später vielleicht noch einmal in einer anderen Form von Studie miteinschliessen.

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  • zur Studie – Die Umfrage kann in Deutsch, Französisch, Englisch oder Italienisch durchgeführt werden.
  • Assistenzprofessorin hat sich nach ihrem Masterstudium in Biologie unter anderem intensiv mit der Neurophysiologie und Neurobiologie des Schlafs beschäftigt. Heute arbeitet und forscht die 38-Jährige aus Luzern am Universitätsspital Zürich sowie am Departement für Psychologie der Universität Freiburg, wo sie das 2019 lancierte Baby-Schlaflabor leitet. Salome Kurth ist Teil des Förderprogramms Eccellenza, mit dem der Schweizerische Nationalfonds herausragende junge Forschende unterstützt, die eine permanente Professur anstreben.

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Lernen im Schlaf /alma-georges/articles/2017/lernen-im-schlaf /alma-georges/articles/2017/lernen-im-schlaf#respond Fri, 10 Mar 2017 08:59:38 +0000 http://www3.unifr.ch/alma-georges/?p=3803 Das Chemiebuch unters Kopfkissen zu legen, bringt ziemlich sicher nichts. Trotzdem spielt der Schlaf für den Wissenserwerb eine zentrale Rolle. Welche, haben wir von Professor Björn Rasch erfahren, einem Mann der weiss, wie man sich schlau schläft.

Professor Rasch, ich würde gerne Finnisch lernen. Wie muss ich schlafen, damit mir das gelingt? Und muss ich anders schlafen, wenn ich statt Finnisch jonglieren lernen will?
Schlaf nach dem Lernen fördert das Gedächtnis. Das heisst, vor dem Schlafen gelernte Informationen werden besser im Langzeitgedächtnis gespeichert. Für das Lernen von Vokabeln ist insbesondere der Tiefschlaf hilfreich. Zum Erlernen komplexer Bewegungen scheint eher der REM-Schlaf wichtig zu sein. In beiden Fällen sollten Sie vor dem Schlafen lernen beziehungsweise das Gelernte zumindest wiederholen. Für die Vokabeln sollten Sie dann möglichst tief schlafen, für das Jonglieren eher lang, da REM Schlaf vor allem in der zweiten Hälfte der Nacht auftritt.

Viele Studenten lernen vor den Prüfungen bis spät in die Nacht. Würden sie besser früh ins Bett gehen?
Schlaf unterstützt die Speicherung der Informationen im Langzeitgedächtnis, hilft also in einem gewissen Sinn beim Lernen. Deshalb sollten Studierende besser ein paar Tage früher anfangen mit dem Lernen und dafür zu einer normalen Zeit ins Bett gehen.

Wie funktioniert das Lernen im Schlaf überhaupt?
Wir gehen heute davon aus, dass neu erlernte Informationen im Schlaf spontan wiederholt – wir nennen das «reaktiviert» – werden. Dies geschieht, ohne dass es uns bewusst wird. Durch diese spontanen Wiederholungen werden neuronale Netzwerke trainiert, die für die langfristige Speicherung der Information verantwortlich sind. Die Reaktivierungen finden hauptsächlich im Tiefschlaf statt, der wiederum vor allem in den ersten drei Stunden des nächtlichen Schlafs auftritt. Für die Speicherung im Schlaf ist daher eher die Tiefe des Schlafes entscheidend, und weniger die Länge. Aber je länger Sie schlafen, desto grösser ist die Dauer des REM-Schlafs. Und diese Schlafphase ist möglicherweise für komplexe Bewegungen, wie auch für die emotionale Verarbeitung wichtiger.

Mit dem Lernen im Schlaf werden allerlei Versprechungen – und ziemlich viel Geld – gemacht. Es gibt etwa CDs, die einem helfen sollen, nachts neue Sprachen zu lernen. Haben Effizienzsteigerung und Nutzenmaximierung jetzt auch noch den Schlaf erfasst?
Zu den CDs haben wir tatsächlich eigene Untersuchungen durchgeführt, in welchen wir während des Tiefschlafs Vokabeln abgespielt haben. Am nächsten Morgen hatte sich die Gedächtnisleistung um circa 10 Prozent erhöht. Ein Befund, der auch von anderen Labors erfolgreich repliziert wurde. Allerdings trat das Resultat nur bei einer bestimmten Art des Abspielens der Wörter auf. Einfach nachts eine CD zu hören, reicht also vermutlich nicht.

Die Frage, ob der Effizienzgedanke bei so etwas wie Ausruhen und Schlafen überhaupt sinnvoll ist, ist durchaus berechtigt. Ich hoffe aber, dass die bewusste Beschäftigung mit der Rolle des Schlafes für das Lernen vielmehr dazu führt, dass dem Schlaf mehr Zeit, mehr Bedeutung, mehr Wert eingeräumt wird. Dies hätte langfristig sehr positive Auswirkungen auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden. Optimierung wäre dann eher in dem Sinn zu verstehen, dass man versucht, die Bedingungen für einen erholsamen Schlaf zu verbessern. Das könnte sogar bedeuten, weniger zu arbeiten oder auch am Tag mehr Pausen einzulegen. Dies würde dann letztlich auch dazu führen, dass man länger und nachhaltiger leistungsfähig ist.

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La Semaine du Cerveau
Die jährlich stattfindende Woche des Gehirns will das Verständnis der Öffentlichkeit für die Hirnforschung fördern. Seit 20 Jahren informieren alljährlich im März weltweit hunderte von innovativen öffentlichen Veranstaltungen und Aktivitäten die breite Bevölkerung über die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse. An der Woche des Gehirns sind mehr als 1875 Partnerorganisationen aus über 60 Ländern beteiligt; unter anderem Schulen, Universitäten und Institutionen aus den Bereichen Medizin und Forschung; Patientenrechtgruppen; Regierungsstellen; Dienstleistungsbetriebe und Berufsverbände.

  • Im Rahmen der «Semaine du Cerveau» hält Prof. Björn Rasch am 13. März einen .
  • der Universität Freiburg

 

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En visite au pays des songes /alma-georges/articles/2016/en-visite-au-pays-des-songes /alma-georges/articles/2016/en-visite-au-pays-des-songes#respond Fri, 22 Jan 2016 11:38:47 +0000 http://www3.unifr.ch/alma-georges/?p=1827 L’avenir appartient à ceux qui se lèvent tôt! Celui de Bjorn Rasch est assuré pour les 5 prochaines années, lui qui vient de décrocher 1.5 millions d’euros de l’Union européenne. Avec cette subvention, le biopsychologue de l’Université de Fribourg peut dormir sur ses deux oreilles: sans aucun souci financier, vecteur de stress et donc d’insomnie, il dispose des moyens nécessaires pour poursuivre ses recherches sur le sommeil. Petite visite dans un laboratoire pas comme les autres.

«Au fond du couloir, vous devez tourner à droite, puis à gauche, ensuite monter des escaliers, prenez de nouveau à droite, le bureau du Professeur Bjorn Rasch devrait se trouver là, sur votre gauche.» Les explications de l’étudiant, aussi limpides soient-elles, se perdent immédiatement dans mes circonvolutions. Dans ce dédale, je sens que trouver mon interlocuteur, à qui j’ai donné un rendez-vous, ne va pas être une partie de plaisir. Et je suis déjà en retard, misère!

Au détour d’un couloir, ahanant, je bute sur un homme dans la trentaine, d’allure sportive, qui m’interpelle, souriant: «Ah! Vous voilà. Bonjour!». Ouf! Bjorn Rasch, le spécialiste du sommeil, ne semble pas s’offusquer de mon petit quart d’heure de retard. Je ne passerai pas une nuit blanche à ressasser, sous la couette, le premier acte manqué de la journée.

Baliser la route du marchand de sable

D’entrée, il m’invite à lui emboîter le pas jusqu’au sous-sol du bâtiment, où se trouve son laboratoire du sommeil. Pour illustrer l’objectif de ses recherches, Bjorn Rasch choisit un exemple qui parlera à tout étudiant: «Imaginez que vous avez un examen. Vous risquez fort de mal dormir à cause du stress. Nous cherchons à comprendre ce phénomène: Comment des pensées qui nous occupent l’esprit à l’état conscient peuvent nous affecter, en bien ou en mal, lorsque nous sommes inconscients». De mieux saisir les mécanismes psychologiques à l’œuvre devrait permettre, à terme, de développer des stratégies pour mieux gérer le sommeil. Les amateurs de recensement nocturne des moutons en ont rêvé, Björn Rasch va peut-être le faire!

Ready, steady, sleep!

Nous parvenons dans une pièce qu’occupent presque entièrement deux sortes de containers de chantier. «Ces cabines sont en fait des cages de Faraday, explique Bjorn Rasch, elles permettent d’isoler les personnes qui participent à nos expérience des courants électriques qui pourraient perturber nos mesures.»

A l’intérieur de l’une d’elles, une étudiante, étendue sur un lit simple, se recouvre d’un édredon épais et moelleux comme une barbe à papa. Sa tête est couverte d’un bonnet truffé d’électrodes reliées à des ordinateurs. C’est ici que Bjorn Rasch et son équipe ont déjà réalisé leurs premières expériences, des sortes de , lors desquelles une bande-son invitait les cobayes à s’imaginer un poisson nageant toujours plus profondément. «Une fois endormis, nos mesures ont montré que les gens qui ont participé à cet exercice de relaxation mentale ont dormi plus profondément que les autres.»

Des histoires à dormir debout

Mener des recherches sur le sommeil s’avère, en fait, assez contraignant: Björn Rasch doit non seulement recruter et rémunérer des dizaines de personnes disposées à dormir dans un container de quelques mètres carrés, mais un collaborateur doit aussi, la nuit entière, rester éveillé afin de surveiller le bon déroulement des expériences. Le plus souvent, les interventions se limitent à démonter une à une les électrodes placées sur la tête afin de permettre aux participants de satisfaire un besoin naturel, mais quelques surprises ne sont pas exclues. «Alors que je somnolais presque, se remémore Björn Rasch, j’ai soudainement vu qu’un des volontaires s’était redressé dans son lit. Il arrachait, violemment, les câbles fixés à sa tête. Il était en train de faire un mauvais rêve!»

Les cordonniers sont toujours les plus mal chaussés

Les apparences sont trompeuses. Sous son apparence d’homme posé, serein, Bjorn Rasch ne dort pas toujours du sommeil du juste. Il le reconnaît sans peine d’ailleurs: «Je crois qu’en savoir autant en la matière n’est pas vraiment bénéfique. A force d’entendre que le sommeil est indispensable pour la santé, pour l’apprentissage, contre le stress, etc., on se met une pression excessive.»

Bien conscient du problème, il invite ses élèves, à qui il ressasse à longueur d’année les innombrables vertus du sommeil, à prendre du recul: «Le corps peut récupérer sans problème d’une nuit blanche. Quand ça arrive, il ne faut pas en faire un drame.»

Des recherches qui font rêver

Environ un tiers de la population souffre de troubles du sommeil. Il va donc sans dire que les recherches de Björn Rasch en font rêver plus d’un: «Je reçois beaucoup de sollicitations de personnes qui ont des problèmes de sommeil, mais qui ne veulent pas recourir aux médicaments.» Inutile pourtant de harceler Björn Rasch, il n’est pas médecin et ne pose pas de diagnostic. Le biopsychologue se situe en amont: «Je travaille dans la recherche fondamentale, il incombera à d’autres de concrétiser les résultats de nos expériences», conclut-il, comme pour éviter une ruée dans son bureau.

Pourtant, au moment de prendre congé, Bjorn Rasch ne peut réprimer un dernier conseil: «Pour vos insomnies, essayez la bande-son avec le poisson. Ça marche!»

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Lire aussi:

  • Le de l’Unifr sur la bourse européenne obtenue par Bjorn Rasch.
  • Le de l’Unifr sur les recherches de Bjorn Rasch concernant les effets de l’hypnose sur le sommeil.
  • Lade Bjorn Rasch

Vidéo: Unicom, Christian Doninelli, Lisa Arnold

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